Viele von uns sind davon überzeugt, dass Feedback stets etwas Gutes ist. Wir sind der Meinung, dass wir anderen helfen, wenn wir ihnen sagen, was sie nicht so gut gemacht haben, damit sie sich verbessern können. Wir glauben, es ist unsere Pflicht Kolleg*innen in dieser Art und Weise auf ihre Schwächen hinzuweisen, weil sie es sonst nie erfahren würden.
Dabei vergessen wir oft, dass unser persönliches Feedback an eine(n) Kolleg*in subjektiv ist. Unsere Einschätzungen sind geprägt von unseren Erfahrungen, unserem Verständnis zu dem entsprechenden Thema, unseren Gefühlen und unseren Werten. Wenn wir beurteilen, spiegeln wir viele unserer Eigenschaften wieder, aber nicht unbedingt die des Feedback-Empfängers.
Hinzu kommt, dass wir beim Feedback den Fokus überwiegend auf die Schwächen bzw. die zu verbessernden Punkten legen und die positiven Dinge vernachlässigen. Uns fällt es leichter die Fehler im Detail zu beschreiben als darauf zu achten, die positiven Punkte herauszuarbeiten und ausführlich zu erläutern.
Wie gebe ich Feedback?
1. Konzentriere Dich beim Feedback auf die Stärken und ein positives Umfeld.
Die Neurowissenschaften haben längst herausgefunden, dass Menschen viel besser lernen, wenn sie sich in einer positiven Stimmung befinden und sich auf die Dinge konzentrieren, die sie gut können. Das Fokussieren auf ihre Schwächen oder kritisches Feedback beeinträchtigen ihre kognitiven Fähigkeiten, Gefühle und ihre Wahrnehmung und hemmen sie beim Lernen. Das klingt im ersten Moment ungewöhnlich, denn es bedeutet, dass sie in ihrer Komfortzone am kreativsten sind, am effektivsten lernen und somit das Feedback am besten verinnerlichen können. Dennoch sollten sie regelmäßig ihre Wohlfühlzone verlassen, um sich weiter zu entwickeln. Sie werden dann merken, dass ihnen das Lernen unter Stress und ungewohnten Bedingungen schwerer fällt, aber auch in diesen Momenten hilft ihnen gutes Feedback weiter. Insofern ist eine Balance zwischen diesen beiden Zuständen sehr wichtig, wobei der Lernfortschritt in einem positiven Umfeld am größten ist.
2. Direktes kontinuierliches Feedback, aber angemessen.
Sei sehr aufmerksam und interessiert, welche Tätigkeiten von Deinen Mitarbeitenden gut umgesetzt werden und wann sie sich im Flow befinden. Es ist wichtig, dass Du die Stärken und gut umgesetzten Projekte kontinuierlich wahrnimmst und nicht nur die, die gerade kurz vor einem Quartals- oder Jahresgespräch gut gelaufen sind.
Es ist viel wertvoller das Lob direkt auszusprechen bzw. Feedback in den jeweiligen Situationen zu geben. Das unterstreicht zum einen die Wertschätzung und zum anderen erkennt der Mitarbeitende, dass seine Arbeit dauerhaft gesehen wird.
No go: Loben um zu loben. Nicht-authentisches Loben solltest Du in jedem Fall vermeiden. Das merkt der Mitarbeitende und kritisch wird es, wenn man Arbeiten lobt, die der Empfänger als Banalität empfindet oder nicht nachvollziehen kann.
Daher Punkt 3.
3. Gebe konkretes und ausführliches Feedback.
Bei negativem Feedback fällt es uns oft sehr leicht das Problem bzw. den Fehler ausführlich zu beschreiben. Viel wichtiger ist es, dies beim positivem Feedback zu beherzigen und konkret darauf einzugehen, warum etwas besonders gut war. Natürlich ist ein „gut gemacht“ oder „gute Leistung“ schon ganz nett, aber richtig leistungsfördernd wirkt sich das positive Feedback erst bei genauerer Beschreibung aus.
„feedback ist erlaubtes und erwünschtes Doping, wenn Du es richtig machst.“
Hier ein paar Beispiele:
Im privaten Kontext:
Dein Kind hat ein schönes Bild gemalt, was Du wirklich gut findest.
statt: „Das hast Du aber schön gemalt.“
besser: Gehe genauer darauf ein, was Dein Kind besonders schön gemalt hat. „Die Farben in deinem Bild hast Du sehr schön ausgesucht und die Details vom Baum sind super zu erkennen.“
Im Sport/Fußball:
statt: „Tolles Spiel von Dir.“
besser: „Du hast heute eine starke Leistung abgeliefert. Wie Du die Bälle verteilt und nach hinten gearbeitet hast, war enorm wichtig für die Mannschaft. Dein Zweikampfverhalten war herausragend und mit Deiner Laufleistung hast Du der Mannschaft sehr geholfen.“
Und? Was klingt besser?
Im beruflichen Kontext:
statt: „Deine Präsentation war super.“
besser: „Deine Präsentation fand ich wirklich sehr gut, weil Du super mit dem Publikum interagiert und deutlich gesprochen hast. Deine Folien waren sehr spannend aufgebaut und Deine gesamte Präsentation hat zum Nachdenken angeregt. Toll fand ich auch Dein Storytelling zum Thema Marketing.“
Wenn man dennoch auf das Negative eingehen möchte, dann solltest Du es wie folgt angehen.
Statt: „Die Gestaltung der Folien war nicht gut und konnte man nicht gut lesen.“
Besser ist in der Ich-Form zu bleiben und die eigene Wahrnehmung zu formulieren.
„Ich hatte Schwierigkeiten die Folien zu lesen, da die rote Schrift auf schwarzem Hintergrund nicht so gut zu erkennen war und vielleicht ging es den anderen Zuhörern auch so. Du kannst ja noch andere Kollegen fragen und Dir es selber noch einmal aus der Sicht des Publikums anschauen.“
Ein weiterer Tipp bei negativem Feedback:
Bevor Du auf das Negative eingehst, frage Deinen Mitarbeitenden, was in diesem oder in anderen Projekten gut läuft. Versetze ihn in eine positive Stimmung und am Ende frage ihn, was aus seiner Sicht jetzt gemacht werden sollte, um das aktuelle Problem zu lösen. Wenn es dann keine konkreten Ideen gibt, wird Dein Feedback und Deine Sicht der Dinge die richtige Hilfestellung sein, um sich zu verbessern.
Wie bereits am Anfang beschrieben ist unser Feedback eine Rückmeldung aus unserer Perspektive. Wenn wir uns das bewusst machen und auf folgende Formulierungen zurückgreifen, dann wird der Empfänger unser Feedback in der Regel besser aufnehmen.
statt: „Du solltest folgendes umsetzen.“
besser: „Ich würde folgendes tun.“
statt: „Darf ich dir Feedback geben?“
besser: „Hier ist meine Reaktion oder mein Eindruck.“
statt: „Daran solltest du zukünftig arbeiten.“
besser: „Für mich hat das immer so und so am besten funktioniert und ich sage dir warum.“
Weitere Formulierungen für gutes Feedback:
„Ich wünsche mir …“
„Mein Eindruck ist …“
„Aus meiner Sicht …“
„Ich habe Mühe Dir zu folgen und würde das gerne besser verstehen wollen.“
Fazit:
Feedback ist intensives Arbeiten mit den Menschen. Nur wer diese Arbeit wirklich mag und sich gerne mit den Mitarbeiter*innen beschäftigt, wird die Leistung und Zufriedenheit steigern können und einen Effekt des hier beschriebenen „Dopings“ erkennen können.